Gleich zwei lang ersehnte Referentenentwürfe für die Pflege:
Einheitliche Ausbildung statt bundesweiter Uneinigkeit: Das Pflegefachassistenzgesetz
Bislang gleicht die Ausbildung im Bereich Pflegeassistenz einem Flickenteppich: 27 unterschiedliche landesrechtlich geregelte Qualifikationen existieren in Deutschland – mit sehr verschiedenen Ausbildungsinhalten, Abschlüssen und beruflichen Einsatzmöglichkeiten. Das neue Pflegefachassistenzgesetz soll das ändern.
Kern des Entwurfs ist die Einführung eines bundeseinheitlichen Ausbildungsberufs zur Pflegefachassistenzperson. Die Ausbildung soll 18 Monate dauern, in Vollzeit (Teilzeit ist möglich, dann maximal 36 Monate) absolviert werden und sektorübergreifend angelegt sein – also für den Einsatz in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und in der ambulanten Versorgung qualifizieren.
Welche Aufgaben sollen Pflegefachassistenzpersonen übernehmen?
Pflegefachassistenzpersonen sollen künftig eigenverantwortlich in nicht-komplexen Pflegesituationen arbeiten dürfen. Zu den Aufgaben in diesen nicht-komplexen Pflegesituationen gehören dann:
- körpernahe Pflegetätigkeiten
- prophylaktische und rehabilitative Maßnahmen
- Unterstützung bei der Alltagsbewältigung und Teilhabe
In komplexeren Pflegesituationen sollen sie unterstützend tätig sein – etwa bei der Planung oder Dokumentation von Pflegeprozessen. Der Pflegeprozess bleibt Pflegefachpersonen vorbehalten! Pflegefachassistenzpersonen dürfen ärztlich angeordnete Maßnahmen übernehmen, sofern diese an Sie delegationsfähig sind – etwa einfache medizinische Tätigkeiten oder Sofortmaßnahmen in Notfällen.
Besonderes Augenmerk liegt auf einem praxisorientierten, aber professionellen Kompetenzprofil. Neben fachpraktischen Inhalten geht es auch um:
- interprofessionelle Kommunikation
- digitale Dokumentation
- diversitätssensible Pflege
- und ein ethisch fundiertes berufliches Selbstverständnis
Zugang, Vergütung und Durchlässigkeit
Voraussetzung für den Zugang zur Ausbildung ist ein Hauptschulabschluss oder eine gleichwertige Vorbildung. Zudem gibt es eine Öffnungsklausel: Wer von einer Pflegeschule als geeignet eingeschätzt wird, kann auch ohne formalen Schulabschluss zugelassen werden.
Wichtig: Die Ausbildung wird vergütet – finanziert über einen bundesweiten Ausbildungsfonds, ähnlich wie bei der Pflegefachkraftausbildung. Und: Das Gesetz schafft Durchlässigkeit im System. Wer zur Pflegefachperson aufsteigen möchte, kann sich Ausbildungszeiten anrechnen lassen. Umgekehrt soll ein Wechsel in die Pflegefachassistenz bei Abbruch einer Fachkraftausbildung ebenfalls erleichtert werden.
Zeitplan
Das dazugehörige Rahmencurriculum soll bis Ende 2025 durch die Fachkommission nach dem Pflegeberufegesetz erstellt werden. Inkrafttreten des Gesetzes ist für den 1. Januar 2027 vorgesehen – inklusive Übergangsregelungen bis 2030.

Mehr Verantwortung, klare Rollen: Das Pflegekompetenzgesetz
Das zweite große Vorhaben ist das Pflegekompetenzgesetz – und auch hier liegt jetzt ein Referentenentwurf vor. Ziel ist es, Pflegefachpersonen als eigenständige Heilberufe anzuerkennen und ihnen mehr Handlungsspielräume in der gesundheitlichen Versorgung zu geben.
Was soll sich konkret ändern?
Pflegefachpersonen sollen künftig – abhängig von ihrer Qualifikation – auch bisher ärztlich vorbehaltene Tätigkeiten übernehmen dürfen. Damit wird Pflege als eigenständiger Versorgungsakteur rechtlich und praktisch gestärkt. Es soll eine sogenannte Muster-Scope-of-Practice entstehen, in der definiert wird, welche Aufgaben Pflegefachpersonen eigenverantwortlich übernehmen können – differenziert nach Arbeitsfeldern wie Krankenhaus, ambulanter Dienst oder Langzeitpflege.
Beteiligung und Versorgung neu gedacht
Ein weiterer Kernpunkt: Pflegeorganisationen auf Bundesebene sollen strukturell in Gesetzgebungsverfahren eingebunden werden, die die Pflege betreffen. Außerdem soll das Gesetz den Weg bereiten für eine präventionsorientierte, quartiersnahe Gesundheitsversorgung – unter stärkerem Einbezug der Kommunen.
Kosten und Zeitrahmen
Interessant ist auch der finanzielle Aspekt: Das Bundesgesundheitsministerium geht davon aus, dass mittel- bis langfristig Kosten eingespart werden – auch wenn konkrete Zahlen für die gesetzlichen Krankenkassen derzeit noch nicht vorliegen.
Die Umsetzung erfolgt gestuft:
- Für die häusliche Krankenpflege soll ein entsprechender Leistungskatalog bis Juli 2027 vorliegen.
- Für den Krankenhausbereich ist die Frist bis Juli 2028 angesetzt.
- Inkrafttreten des Gesetzes ist für den 1. Januar 2026 geplant – nach Abstimmung mit Ländern und Verbänden sowie Kabinettsbeschluss im Sommer 2025.

Einordnung: Zwei Gesetzesentwürfe, ein Paradigmenwechsel
Beide Gesetzesentwürfe sind eng miteinander verknüpft. Das Pflegefachassistenzgesetz schafft klare Einstiegswege und einheitliche Qualifikationen. Das Pflegekompetenzgesetz definiert, was Pflege in Zukunft leisten darf und soll. Zusammen bilden sie das Fundament für ein differenziertes, gestuftes Pflegebildungssystem mit klaren Verantwortlichkeiten – ein langjähriges Anliegen vieler Fachverbände.
Die Botschaft ist klar: Pflege soll nicht nur funktionieren – sie soll mitgestalten, entscheiden und Verantwortung übernehmen können.
Wir bleiben dran für euch!
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