Hitzeschutz in der Pflegepraxis

Pflegekräfte sind besonders gefordert, wenn es darum geht, hitzebedingte Gesundheitsrisiken zu minimieren und sowohl Patient:innen als auch sich selbst vor den Folgen extremer Temperaturen zu schützen. Dies umfasst mehrere zentrale Aspekte: die Sicherstellung einer ausreichenden Hydration, die Regulierung der Raumtemperatur und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte.

Sicherstellung der Hydration und Regulierung der Raumtemperatur

Ein zentraler Aspekt des Hitzeschutzes in der Pflege ist die Sicherstellung ausreichender Hydration. Besonders ältere und chronisch kranke Patient:innen sind gefährdet. Der Hautfaltentest am Handrücken hilft, Flüssigkeitsmangel zu erkennen und sollte routinemäßig angewendet werden.

Die Regulierung der Raumtemperatur ist ebenfalls wichtig. Eine „Heatmap“ der Station kann heiße und kühle Bereiche identifizieren, um gefährdete Patient:innen optimal unterzubringen. Ventilatoren und Klimaanlagen helfen, die Raumtemperatur zu senken, wobei kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Temperaturen notwendig sind.

Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte

Pflegekräfte müssen regelmäßig Pausen einlegen, besonders nach anstrengenden Tätigkeiten in heißen Räumen. Arbeitgeber sollten ausreichend Trinkwasser und kühlende Pausenräume bereitstellen. Maßnahmen wie die Bereitstellung von Eis und kühlen Getränken helfen, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Pflegekräfte zu erhalten.

Zusätzlich sind Fortbildungen und Schulungen essentiell, um Pflegekräfte auf die Herausforderungen bei Hitze vorzubereiten. Themen wie die Erkennung von hitzebedingten Erkrankungen und Hitzestress-Vermeidung sollten regelmäßig aufgefrischt werden, um eine optimale Patient:innenversorgung zu gewährleisten.

Best-Practice-Beispiel: Hitzeschutzplan im BG-Klinikum Berlin

Ein herausragendes Beispiel für einen effektiven Hitzeschutzplan kommt aus dem BG-Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin. Ulrike Kroll, Gesundheits- und Krankenpflegerin, hat im Rahmen ihrer Masterarbeit einen theoretischen Hitzeschutzplan entwickelt, der jetzt praktisch umgesetzt wird. Eine der ersten Maßnahmen war die Erstellung einer Heatmap der Station. Diese Heatmap basiert auf den Erfahrungen der Mitarbeiter:innen, die die heißesten und kühlsten Bereiche identifiziert haben. Diese einfache, aber effektive Methode ermöglicht es, Patient:innen in kühleren Zimmern unterzubringen, insbesondere diejenigen, die nicht in der Lage sind, ihr Zimmer eigenständig zu verlassen.

Hitzeschutz: Alle Krankenhäuser sollten eigenen Hitzeaktionsplan festlegen
Nachdem der Hitzeschutz im deutschen Gesundheitswesen lange Zeit vernachlässigt wurde, hat er im vergangenen Jahr an Fahrt aufgenommen. Auf dem zweiten bundesweiten Hitzeaktionstag zeigte sich, was bislang alles erreicht wurde – und was noch nicht.…

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Hitzeschutzplans ist die Fortbildung der Mitarbeitenden. Zusammen mit der Klima-Managerin des Krankenhauses wurden Schulungen erarbeitet, die Pflegekräfte, Therapeut:innen und Ärzt:innen auf die besonderen Herausforderungen bei Hitze vorbereiten. Diese Schulungen umfassen Themen wie die Erkennung von hitzebedingten Erkrankungen und Maßnahmen zur Vermeidung von Hitzestress. Durch diese umfassenden Schulungen wird sichergestellt, dass alle Mitarbeitenden über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, um effektiv auf Hitzewellen zu reagieren.

Mit einem Hitzeschutzplan die Beschäftigten schützen – top eins
Wie die Beschäftigten des Unfallkrankenhauses Berlin vor Hitze geschützt werden sollen, legt ein Hitzeschutzplan fest.

Das Krankenhaus nutzt zudem das Warnsystem des Deutschen Wetterdienstes, um rechtzeitig auf bevorstehende Hitzewellen aufmerksam zu machen. Diese Warnungen werden digital an alle relevanten Abteilungen weitergegeben, sodass rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden können, wie zum Beispiel die Bereitstellung von zusätzlichem Trinkwasser oder die Anpassung der Dienstpläne. Durch die frühzeitige Warnung können notwendige Vorkehrungen getroffen und somit die Gesundheit der Patient:innen und Mitarbeitenden geschützt werden.

Herausforderungen, Finanzierung und politische Bestrebungen

Die Umsetzung von Hitzeschutzmaßnahmen in Pflegeeinrichtungen erfordert erhebliche finanzielle Mittel und organisatorische Unterstützung. Bestehende Gebäude müssen nachgerüstet und zukünftige Bauprojekte klimaresilient geplant werden. Staatliche Unterstützung und klare gesetzliche Vorgaben sind notwendig, um die erforderlichen Investitionen und kontinuierliche Schulungen der Pflegekräfte sicherzustellen.

Der Hitzeaktionstag hat sich als zentrale Plattform etabliert, um auf die Herausforderungen durch extreme Temperaturen aufmerksam zu machen. Über 50 Akteur:innen, darunter KLUG - Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit, der Deutsche Pflegerat und die Bundesärztekammer, beteiligten sich zuletzt. Politisch werden die Bemühungen durch das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales intensiviert, die Präventions- und Arbeitsschutzmaßnahmen vorantreiben und langfristig gesetzliche Vorgaben und finanzielle Mittel zur Unterstützung bereitstellen. Diese Schritte sind entscheidend, um die Gesundheit der Bevölkerung nachhaltig zu schützen.

Gesundheitsrisiko Hitze
Schwindel, Verwirrtheit, Erschöpfung, Hitzschlag: Die spürbaren gesundheitlichen Folgen der Hitze können in den Sommermonaten gravierend sein.

Wir haben bereits mehrfach das Thema genauer unter die Lupe genommen:

PU031 - Eckpunktepapier zur PPR 2.0 / Klimabewusstsein im Gesundheitswesen - Übergabe
Wir sprechen über die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und über den neuen Mindestlohn sowie Tarifverträge in der Altenpflege.
ÜG075 - Klima, Pflege und Gesundheit (Jessica Esser & David Vogel) - Übergabe
Wie passen Klima und Pflege zusammen? Jessica Esser und David Vogel von Health for Future klären uns in dieser Folge auf.

Hitzeschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Hitzeschutz ist nicht nur eine Aufgabe des Gesundheitswesens, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Es bedarf der Zusammenarbeit aller relevanten Akteur:innen, von staatlichen Institutionen über Unternehmen bis hin zu Privatpersonen. Präventive Maßnahmen müssen auf allen Ebenen umgesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise öffentliche Informationskampagnen (BZgA) und die Förderung von Gemeinschaftsprojekten, bei denen Nachbarschaftshilfen organisiert werden. Zusätzlich führt das RKI ein Monitoring zu hitzbedingter Mortalität durch.

Blickt man ins Ausland, gibt es viele Beispiele für erfolgreiche Hitzeschutzpläne. Frankreich hat nach der Hitzewelle 2003 einen nationalen Hitzeaktionsplan entwickelt, der unter anderem eine frühzeitige Warnung der Bevölkerung und spezifische Maßnahmen für besonders gefährdete Gruppen umfasst. Auch Wien hat ein vorbildliches Hitzeschutzsystem, das eng mit dem Wetterdienst verknüpft ist und umfassende Maßnahmen von der Bereitstellung kühler Räume bis hin zu speziellen Lieferdiensten für Medikamente umfasst. Diese internationalen Vorbilder zeigen, dass es möglich ist, durch koordinierte und gut durchdachte Maßnahmen die Auswirkungen von Hitzewellen zu minimieren.

Wiener Hitzeaktionsplan
Der Wiener Hitzeaktionsplan legt vorausschauend Ma�nahmen zur Vorbeugung gegen die �berhitzung der Stadt und zur Bew�ltigung der Hitze im Akutfall fest.

Fazit und Ausblick

Hitzeschutz ist nicht nur eine temporäre Maßnahme, sondern muss als dauerhafte, gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Die Pflegefachkräfte tragen hier eine besondere Verantwortung, da sie in der direkten Patient:innenversorgung arbeiten. Durch präventive Maßnahmen und eine enge Zusammenarbeit aller Akteur:innen im Gesundheitswesen können wir den Herausforderungen des Klimawandels effektiv begegnen.

Der Hitzeaktionstag hat gezeigt, dass das Bewusstsein für dieses Thema wächst und viele Akteur:innen bereit sind, gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Es ist wichtig, dass diese Initiativen fortgeführt und weiterentwickelt werden, um nachhaltigen Hitzeschutz zu gewährleisten. Nur durch ein gemeinsames Engagement und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit können wir die Gesundheit und das Wohlbefinden von Patient:innen und Pflegekräften auch in Zeiten des Klimawandels sicherstellen.

Teile deine Erfahrungen zum Hitzeschutz in unserer Community!

Hitzeschutz ist in der täglichen pflegerischen Arbeit essenziell. Wir laden euch ein, eure bewährten Methoden und innovativen Lösungen zum Umgang mit Hitze zu teilen. Welche Strategien habt ihr entwickelt, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohner:innen und Patient:innen zu gewährleisten? Was tut ihr, um euch selbst, oder euer Personal zu schützen?

Teilt eure Tipps, Herausforderungen und Erfolge in unserer Community! Gemeinsam können wir voneinander lernen und die Pflege ein Stückchen besser machen.

Wie gelingt euch der Hitzeschutz auf Station/Wohnbereich?
Wir haben eine Episode zum Thema Hitzeschutz aufgenommen und mich würde interessieren, ob das Thema auch an anderen Standorten ernst genommen wird?! Also gibt es dazu erklärte Maßnahmen und Ziele die vereinbart wurden? Gibt es Nachholbedarf oder sogar Good-Practice-Beispiele? Hat jemand gute Infos aus der Praxis, wo man was lernen oder mitnehmen kann? Das Thema wird in den nächsten Jahren ja nicht unbedingt unwichtiger…

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